Die Unmittelbarkeit, mit der etwas unvermittelt abbricht, an anderer Stelle wieder auftaucht oder endlich ganz verschwunden bleibt, könnte eine erste Annäherung an die Arbeiten von Claudia Busching sein. In ihren Papiercollagen schwingen sich eine Vielzahl starker Linien in schwarzer Tinte, Kohle, Graphit oder Acryl über zarte Lagen verschiedener Papierfragmente, deren Anordnung den Eindruck eines vielschichtigen „Sehgewebes“ evoziert. Die Linien sind Ausdruck gestischer Bewegung, bei der nicht selten die Hand den Augen vorausgegangen zu sein scheint. Oft endet eine Linie unvermittelt mit dem Ende „ihres“ Blattes und scheint dann an anderer Stelle der Collage wieder aufgenommen – manchmal wiederum bleibt sie singuläres, absolutes Ereignis. In dieser so sensiblen wie entschiedenen künstlerischen Reflexion über Motiv und Wiederholung klingt mitunter beinahe das ihr verwandte Spiel von Rhythmus und Komposition in der Musik an. Das Setzen, Stellen, Legen von Linien und Flächen zwischen Zufall und bewusstem Tun fordert uns Betrachter dazu auf, die Unmittelbarkeit, mit der etwas unvermittelt abbricht und (nicht/wieder) erscheint, auch zuzulassen als Erfahrung davon, wie etwas unvermittelt abbricht – in die Vorstellung/Imagination des Betrachtenden hinein.
Isabel Groll
geboren 1954 in München, lebt und arbeitet in Berlin, Studium der Malerei an der Hochschule der Künste Berlin, Meisterschülerin, Stipendien des Kunstfonds Bonn, des Senators für kulturelle Angelegenheiten, Berlin, der Casa Baldi, Olevano Romano, seit 2000 neben der künstlerischen Praxis mehrere kuratorische Projekte zum Thema Zeichnung
2023 Von Blatt zu Blatt. Wege der Zeichnung. Galerie Parterre, Berlin; 2022 Über die Zeichnung hinaus. ZAK, Berlin Spandau; 2020 Bildräume. Anhaltische Gemäldegalerie Dessau. Fremdenhaus beim Schloss Georgium; Not only in Space but also in Time. ZAK, Berlin Spandau (mit Andrew Stoyner und Pomona Zipser); 2019 Papierarbeiten aus 34 Jahren. Galerie Parterre Berlin; hängen stellen legen. Kunst-und Gewerbeverein Regensburg; 2013 Noch nie gesehen! Kunstmuseum Bonn; Universo poliédrico. Mujeres / miradas / propuestas. MUVIM, Valencia; 2011 Knüller Falter Reisser II. StädtischeGalerie Villa Zanders Bergisch Gladbach (mit Ulrike Oeter); 2009 acmcm, Perpignan (mit Rafael Armengol); 2008 Innenräume. Städtisches Museum Kalkar (mit Monika Bartholomé); 2001, 1998, 1995 Galerie Inga Kondeyne, Berlin, APC Galerie, Köln; 1998 Gabriele Münter Preis 97. Bonn, Osnabrück, Erfurt; 1993 Städtisches Kunstmuseum Spendhaus, Reutlingen; 1991 Sala Parpallo, Valencia; 1990 Ambiente Berlin. Biennale Venedig, Kunsthalle Budapest